Composings

Die Unterschiede zwischen Models sind gewaltig. Blond, schwarz, extrem schlank oder etwas kräftiger. Und das sind nur die Äußerlichkeiten. Intro- oder extrovertiert, nervös, entspannt usw. usw. Es sind eben Individuen und somit einzigartig. Da ist es völlig logisch, dass auch niemals Fotograf A wie Fotograf B ist. Auch in diesen Kreisen trifft man auf unterschiedliche Charaktere, unterschiedliche Umgangsformen und schlußendlich auch Arbeitsweisen. Der Eine arbeitet nur mit available Light, ein Anderer bringt grds. künstliches Licht zum Einsatz. Einer gibt beim Shooten klare Anweisungen an's Model, ein Anderer lässt das Model machen. Vor Einführung der Digitalfotografie hat man seine Filme in ein Labor gegeben, es gab aber auch diejenigen, die selbst in die Dunkelkammer marschiert sind und ihre Filme entwickelt haben.
Heutzutage nimmt ein Fotograf im Anschluss an ein Shooting die Speicherkarte aus der Kamera und macht sich an die Postproduction. Gemeint ist damit die Nachbearbeitung der Fotos am Computer mithilfe spezieller Bildbearbeitungssoftware. Dabei wird sich dann auch oft nicht nur auf die Beautyretusche des Modelgesichtes beschränkt, zum Teil wird auch gleich das Model in gänzlich andere Szenarien versetzt. Es werden dem Foto Dinge hinzugefügt, die real gar nicht vorhanden waren. Z.B. Nebel, Vogelschwärme und alles Mögliche. Da erscheint auf der Schulter eines norddeutschen Models schon mal ein Schmetterling, der ansonsten nur im feuchtwarmen Klima des Amazonasdelta anzutreffen ist und hier bei uns sofort tot runterfallen würde. An normallange Kleider werden meterlange Schleppen hinzu "gemalt", um den romantischen Eindruck zu verstärken. Aus einem stinknormalen Studiobild wird dann plötzlich ein "Foto", auf dem das Model in der Halle eines Schlosses steht. An den Farbreglern der Software wird so lange gedreht, bis man einen Look erreicht hat, bei dem man glaubt, den Verklappungsort von Farbresten der örtlichen Maler- u. Lackierervereinigung zu sehen, gerade aber deshalb bei Betrachtern ein "Wow" auslöst. Kann man alles machen und in der Tat sind viele dieser "Fotos" sehr beeindruckend. Inzwischen gibt es auch schon viele Anbieter, die man mit der Bearbeitung von Fotos beauftragen kann, wenn einem selber die Zeit dafür fehlt, man dazu keine Lust hat oder einem auch das KnowHow in der Bedienung der Software fehlen sollte.
Hört sich zunächst einmal alles toll an und für Models ist es überaus verlockend, Bilder von sich an Orten zu bekommen, an denen sie noch nie waren. Ganz so einfach ist das aber natürlich alles nicht! Beim Rumspielen mit den Farbreglern gibt's außer dem guten Geschmack keine Probleme. Beim Austausch des Hintergrundes oder dem Hinzufügen von Details sieht das aber ein bisschen anders aus. Denn diese Hintergründe oder Details müssen natürlich ebenfalls als Foto vorliegen, um mit dem Modelbild zusammengesetzt werden zu können. In entsprechenden Bildagenturen kann man sich nun diese Fotos suchen und schlußendlich auch kaufen. Jetzt gibt es aber jede Menge Fotografen, die einerseits stinksauer werden, wenn ihre eigenen Bilder unrechtmässig verwendet werden, andererseits aber selbst kein Geld ausgeben wollen, wenn sie lediglich einen anderen Hintergrund für eine Fotomontage brauchen. Also nimmt man sich im Internet einfach das, was man will ohne zu zahlen. Da kann es dann auch schon mal passieren, dass ein Model, das ein solches Foto zeigt, vom Rechteinhaber böse eins auf die Finger bekommt, obwohl sie selbst mit der Manipulation gar nichts zu tun hat. Apropos Manipulation! Auch dabei gibt es natürlich Vieles zu beachten. So darf man z.B. nicht glauben, dass der Austausch des Hintergrundes immer eine einfache Sache wäre und realistisch wirkende Bilder entstehen! Kleines Beispiel: Für ein Ganzkörperportrait im Studio wird ein Lichtsetup gewählt, welches den Standort des Hauptlichtes links vorm Model (aus Sicht der Kamera) vorsieht. Es wird also die rechte Gesichtshälfte des Models betont. Als Hintergrund gefällt aber besonders das Foto eines buddhistischen Tempels aus Thailand. Dummerweise kam hier die Sonne aber von rechts-oben und so kann man es praktisch vergessen, aus diesen zwei Bildern eines machen zu wollen.
Mit einem imensen Aufwand, wird man die unterschiedlichen Lichtsituationen vlt. noch halbwegs angepasst bekommen, einen Fachmann kann man damit aber nicht täuschen.
Generell bin ich für Composings nicht zu geizig, wohl aber zu ehrgeizig (und auch zu faul). Ich sehe mich selbst als Fotograf und nicht als Pixelschubser. Im Hauptberuf als Programmierer unterwegs, verbringe ich ohnehin 10-12 Stunden/Tag vor Computern, da muss ich im "Ausgleichsjob" nicht auch noch davor hocken. Grds. versuche ich deshalb jedes Foto so zu erstellen, dass es auch ohne jede Bearbeitung verwendbar wäre. Wer schon als Model vor meinen Kameras gestanden hat, wird auch bestätigen können, dass mit wenigen Ausnahmen, praktisch alle Originalbilder eines Shootings (die bekommt jedes Model als CD, bzw. als Download) recht ansehnlich sind und auch ohne jede Bearbeitung verwendbar wären. Mitunter drehe ich in der Nachbearbeitung noch ein wenig an der Belichtung, es wird partiell mal am Weißabgleich geschraubt, es erfolgt eine Beautyretusche des Gesichtes und natürlich werden auch störende Elemente (z.B. Stative) entfernt. Der Charakter eines Fotos entsteht bei mir aber in der Kamera und nicht am Computer. Solltest du bei mir also mal ein Foto z.B. mit Rauch sehen, dann stammt dieser aus einer Rauchpatrone und nicht aus Photoshop und das Model hat sich tatsächlich - genau wie zu sehen - , real in der Szenerie befunden.
Lässt sich auch gut an ihrem fragenden Gesichtsausdruck erkennen. Denn sie überlegt sich natürlich zu Recht, wie sie den Gestank des Rauches wieder aus den Haaren und ihrem Kleid bekommt!


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